Test Kia EV6 GT-Line: Kräftig, aber das Ladetempo bei Frost enttäuscht

Seite 2: Verbrauch, Leistung, Infotainment, Kosten

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Zur Rechnung gehört auch die Umkehroperation: Die 40 Prozent zwischen einem SoC von 15 und 55 entsprechen rund 31 kWh. Sie waren innerhalb von rund 23 Minuten nachgeladen – wie angemerkt unter ungünstigen Umständen. Etwas mehr Tempo könnte Kia erreichen, wenn man die Batterie-Klimatisierung mit einer geschickteren KI ausstatten würde. Zwar wird der Speicher bei Temperaturen wie im Test ein wenig beheizt, doch wer ein maximales Ladetempo anstrebt, muss in den Tiefen des Infotainmentsystems den "Winter-Modus" einschalten. Dann wird die Heizung der Batterie hochgefahren, auf Kosten der Reichweite versteht sich. Es wäre gut, wenn das eine Logik im Hintergrund allein entscheiden würde, beispielsweise, wenn der Fahrer als Ziel eine Ladestation im Navi eingibt.

Der Verbrauch in unserem Test lag zwischen 16,6 und 29,9 kWh – jeweils inklusive Ladeverlusten, denn die müssen Sie ja letztlich auch bezahlen. Der erste Wert entstand auf der Landstraße im Eco-Modus mit minimaler Wärmeforderung des Fahrers. Der zweite ist das Resultat einer Autobahn-Raserei im Sport-Modus, schließlich soll es Menschen geben, die 239 kW Systemleistung auch dazu nutzen wollen. Im Schnitt über alle Fahrten hinweg waren es schließlich knapp 21 kWh/100 km, wie geschrieben, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Im Sommer sind niedrigere Werte zu erwarten. In der kalten Jahreszeit wird dagegen wieder einmal deutlich, dass der batterieelektrische Antrieb kein Abfallprodukt "Wärme" im Übermaß produziert, sondern diese aktiv zusätzlich erzeugen muss.

Nach ein paar Tagen des Ausprobierens, erstaunlich-betörend-locker-leichter Überholmanöver und der Erkenntnis, dass der EV6 mit Allradantrieb und 239 kW Systemleistung auch auf der Autobahn bei Bedarf vorn mitspielt, wurde mir bewusst: Für meine Fahrweise ist dieses überbordende Leistungsangebot Perlen vor die Säue geworfen. Es ließe sich mit einem Funken Verantwortungsgefühl in meinem Nutzungsprofil mit überwiegenden Fahrten über Landstraßen praktisch nie komplett ausschöpfen. Dabei ist der Aufpreis gegenüber dem schwächeren Paket durchaus nicht überzogen: Für Allradantrieb und 71 kW zusätzlicher Systemleistung berechnet Kia 3900 Euro. Wer das braucht, bekommt hier also ein deutliches Plus für vergleichsweise wenig Geld.

Kia EV6 innen (13 Bilder)

Kia bemüht sich um eine gelungene Kombination aus modernem Design und hoher Funktionalität - weitreichend erfolgreich.

Wie im Kia Sorento PHEV (Test) überzeugt das Infotainmentsystem auch hier weitgehend. Das Arbeitstempo ist flott, an die Umwege, die sich die Programmierer an einigen Stellen überlegt haben, gewöhnt man sich mit der Zeit. Schade, dass Kia keine Möglichkeit geschaffen hat, oft genutzte Funktionen so ablegen zu können, dass diese mit einem Klick zu erreichen sind. Die Sprachsteuerung und ich, wir kamen nicht so recht zueinander. Wie im SUV schlug mir sie auch im EV6 erstaunlich oft "Kay" oder "Anne" vor, egal was ich ihr zurief. Von dem, was Mercedes in dieser Hinsicht eingekauft hat, bleibt Kia aktuell einigermaßen weit entfernt.

Das Basismodell des Kia EV6 kostet 44.990 Euro, der gut ausgestattete Testwagen mit 239 kW, GT-Line-Ausstattung und ein paar Extras kam auf 63.500 Euro. Von dieser Summe geht die komplette Innovationsprämie noch ab, sodass für den von uns gefahrenen EV6 ohne weitere Verhandlungen noch 53.930 Euro zu überweisen wären. Das erscheint angesichts der mitgereichten Ausstattung und der umfangreichen Garantie durchaus fair. Denn beispielsweise ein BMW i4 Basismodell liegt nur auf den ersten Blick in einem ähnlichen finanziellen Rahmen. Für vieles, was Kia ohne Zusatzkosten einbaut, muss man dort draufzahlen.

Die Kosten für die Überführung wurden vom Hersteller übernommen, jene für Strom von Hersteller und Autor.