Streit um SIM-Lock-Entsperrung geht vor das Wiener Handelsgericht

Die österreichischen Mobilfunk-Anbieter T-Mobile und yesss! streiten sich um das Entsperren von SIM-Karten.

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Zwischen den österreichischen Mobilfunk-Anbietern T-Mobile und yesss! ist ein Streit um die Aufhebung von SIM-Locks ausgebrochen. Zum Ärger von T-Mobile hat der neue Discounter yesss! -- eine Tochter des österreichischen Anbieters One -- eine Webseite mit Links zu unabhängigen Entsperr-Anbietern gestaltet. T-Mobile sieht darin gleich mehrere Rechtsverstöße, für yesss! wiederum sind die "exorbitant hohen" Entsperrgebühren von T-Mobile rechtlich fragwürdig. T-Mobile -- Österreichs zweitgrößter Mobilfunkbetreiber -- hat nun eine Klage samt Antrag auf Einstweilige Verfügung beim Wiener Handelsgericht eingebracht.

Viele Netzbetreiber, darunter auch T-Mobile Austria, nicht aber yesss!, versehen die von ihnen verkauften (und preislich subventionierten) Mobiltelefone mit SIM-Locks. Derart gesperrte Geräte lassen sich mit SIM-Karten anderer Netzbetreiber nicht benutzen. Die Einschränkung lässt sich durch Eingabe eines individuellen Codes zwar aufheben, doch dessen Bekanntgabe lassen sich die Mobilfunker in der Regel teuer bezahlen. Kleine Handy-Läden und Onlineanbieter, die das Entsperren für wenige Euro oder sogar gratis erledigen, erfreuen sich deshalb regen Zulaufs.

T-Mobile verlangt für Handy-Freischalt-Codes von allen Prepaid-Kunden sowie von Postpaid-Kunden innerhalb der Mindestvertragsdauer 150 Euro zuzüglich 3,50 Euro Nachnahmespesen. Damit nimmt T-Mobile noch nicht einmal den Spitzenplatz ein; das Unternehmen ist jedoch der einzige österreichische Anbieter, der seinen Kunden im Kaufvertrag das eigenhändige Entsperren verbieten will. Seit 10. Juli 2004 heißt es in § 7 Absatz 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB): "Dem Kunden ist es ausdrücklich untersagt, die SIM-lock-Funktion aufzuheben bzw. aufheben zu lassen, sofern dies nicht gemäß den gegenständlichen AGB erfolgt."

In der beim Handelsgericht eingereichten Klageschrift argumentiert T-Mobile, dass die Links auf der yesss!-Website einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht darstellten, weil das Entsperren von Mobiltelefonen mit T-Mobile-SIM-Lock durch Dritte mehrfach rechtswidrig sei. Erstens verstießen T-Mobile-Kunden damit gegen den mit T-Mobile geschlossenen Vertrag. Zweitens sei die Handy-Software als Computerprogramm urheberrechtlich geschützt. Drittens stelle eine Entsperrung ohne Zustimmung des Herstellers einen Eingriff in dessen Markenrechte dar. Das magentafarbene Unternehmen sieht in der Aufforderung des Konkurrenten "Befreien Sie Ihr Handy!" einen offenen Aufruf zum Rechtsbruch. Dies sei unlauterer Wettbewerb. T-Mobile verlangt daher die Löschung der Links. Außerdem soll "bei Aufrufen der Homepage www.yesss.at für die Dauer von sechs Monaten ein Pop-up-Fenster in der Größe einer Viertelseite geöffnet werden, in dem die Urteilsveröffentlichung unter der Überschrift 'Im Namen der Republik!' in zumindest 5 mm großen Buchstaben enthalten ist".

"In Zeiten der Marktliberalisierung mutet eine solche Klage seltsam an", meint indes yesss!-Geschäftsführer Josef Mayer, "Denn das hieße ja, dass unzufriedene oder wechselbereite Kunden mit Zwangsmaßnahmen dazu verhalten würden, beim bisherigen Anbieter zu bleiben oder sich gegen einen extrem hohen Betrag freizukaufen." Es sei klar, dass Konsumenten ihre Verträge mit den Mobilfunk-Betreibern einhalten müssten, so Mayer, aber das könne nicht darauf hinauslaufen, die Kunden auch nach Vertragsablauf an einen Betreiber zu ketten. Das Gericht müsse nun klären, ob eine Gebühr von über 150 Euro bei einer durchschnittlichen Subvention eines Wertkartenhandys von 30 Euro überhaupt statthaft sei. Außerdem werde niemand zum rechtswidrigen Eingriff in fremde Computerprogramme aufgefordert, vielmehr werde durch die Code-Eingabe eine vorgesehene Funktion ausgelöst.

"Die Rechtmäßigkeit eines Verbots des Entsperrens wird schwer zu argumentieren sein, da diese Bestimmung unüblich, überraschend und gröblich benachteiligend sein dürfte. Auch kartellrechtlich erscheint das Ganze fragwürdig", meint yesss!-Anwalt Mathias Görg. Er sieht auch die Europäische Kommission und Konsumentenschützer auf seiner Seite. (Daniel AJ Sokolov) / (ciw)