Schelte im Bundestag und EU-Parlament für geplante Telco-Regulierung

Der Wirtschaftsausschuss des Bundestags hat die Vorschläge der EU-Kommission zur Novelle des Regulierungsrahmens für den Telekommunikationsmarkt skeptisch aufgenommen; auch das EU-Parlament arbeitet an seiner Position.

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Der Wirtschaftsausschuss des Bundestags hat die umstrittenen Vorschläge der EU-Kommission zur Novelle des Regulierungsrahmens für den Telekommunikationsmarkt skeptisch aufgenommen. Das Parlament unterstütze zwar grundsätzlich die Ziele der Brüsseler Behörde zur Vollendung des Binnenmarktes im Telco-Sektor, heißt es in einem Entschließungsantrag von Schwarz-Rot, den der Ausschuss am heutigen Mittwoch mit der Mehrheit der großen Koalition befürwortete. Die umfassende Vorlage laufe aber "den verfolgten Absichten zuwider".

Konkret soll die Bundesregierung aufgefordert werden, vor allem die von der Kommission gewünschte übergeordnete EU-Regulierungsbehörde abzulehnen und sich stattdessen für eine Stärkung der bereits bestehenden Europäischen Gruppe nationaler Regulierungsbehörden (ERG) einzusetzen. Weiter soll Berlin gegen eine Ausweitung des Vetorechts der Kommission in Bezug auf Regulierungsverpflichtungen eintreten. Den nationalen Regulierungsbehörden müsse ein Spielraum zur Ausübung ihrer Kompetenzen gelassen werden, um weiterhin flexibel den Besonderheiten eines nationalen Marktes entsprechend reagieren zu können.

"Grundsätzlich abzulehnen" ist den Wirtschaftspolitikern zufolge die Erweiterung der Brüsseler Sanktionsmöglichkeiten um die "funktionelle Trennung" von Netz und Diensteangeboten innerhalb marktbeherrschender Unternehmen zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs. Eine solche Maßnahme sei bereits auf Basis nationalen Rechts möglich, hätte aber etwa in Italien und Großbritannien zwiespältige Ergebnisse gebracht.

Prinzipiell unterstützen soll die Bundesregierung die Kommission bei ihrem Vorhaben, die Nutzung von Frequenzen effizient zu gestalten. Die Frequenzvergabe habe aber letztlich ausschließlich in der Kompetenz der Mitgliedstaaten zu bleiben, schließt sich der Ausschuss Bedenken des Bundesrats an. Ähnlich unentschlossen die Empfehlung zum Verbraucherschutz. Auch hier sei der Kommission im Prinzip beizupflichten. Im Einzelnen sollte aber eine "sorgfältige Abwägung des Nutzens gegenüber dem Aufwand" durchgeführt werden. So sei bei den erweiterten Transparenz-, Informations- und Berichtspflichten etwa über Sicherheitslücken und den Klau vorhandener Daten "ein entsprechender Bedarf der Verbraucher durchaus fraglich" und durch Analysen der Kommission nicht hinreichend belegt.

Der FDP-Fraktion geht der in Eile gestrickte Antrag der Koalition nicht weit genug. Er sei "in Teilen ungenau und unzureichend", monieren die zuständigen Abgeordneten Gudrun Kopp und Hans-Joachim Otto. Die FDP hatte zuvor selbst einen umfassenden Antrag in Kooperation mit den Liberalen im EU-Parlament eingebracht. Darin steckte sie ähnliche Prinzipien ab wie im Koalitionsantrag, ging aber etwa im Bereich Datenschutz darüber hinaus. So warnt das Papier davor, dass Sicherheitsverletzungen für die Nutzer zum Missbrauch personenbezogener Daten und somit zu großen Schäden führen könnten. Eine öffentliche Benachrichtigungspflicht seitens der Unternehmen sei jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der verwendete Begriff der "Sicherheitsverletzung" in der geplanten Richtlinie genau definiert sei und bei Nichtbenachrichtigung eine erhebliche Gefahr für die persönlichen Daten bestünde.

Im EU-Parlament stecken derzeit der Binnenmarkt- und der Industrieausschuss ihre Positionen ab. Abgeordnete können Änderungsanträge noch bis zum 13. Mai einreichen. Bei einer Anhörung der Volksvertreter in Brüssel am gestrigen Dienstag fiel vor allem die zentrale Regulierungsbehörde durch. Die für diesen Punkt zuständige spanische Berichterstatterin Pilar del Castillo von den Konservativen schlug stattdessen die Einrichtung eines unabhängigen Beirats europäischer Regulierer vor, ohne diesen aber von der ERG abzusetzen.

Catherine Trautmann, eine Berichterstatterin der französischen Sozialisten, machte sich für eine bessere Förderung der Investitionen in sogenannte Next Generation Networks (NGN) stark, die komplett auf dem Internetprotokoll basieren. Es sei wichtig, die Netzbetreiber beim Verlegen und Erschließen von Glasfasernetzen in Gegenden zu unterstützen, wo es keinen Wettbewerb gebe. Ed Richards von der britischen Regulierungsbehörde Ofcom plädierte für eine stärkere Aufklärung der Kunden, damit diese besser zwischen den einzelnen Offerten verschiedener Anbieter unterschieden könnten. Der französische Verbraucherschutzverband UFC Que Choisir forderte zudem, dass die Nutzer leichter zwischen Telcos wechseln und dabei ihre Rufnummern kostenlos behalten können müssten. Weitere behandelte Themen waren etwa die Einführung EU-weiter zentraler Notrufnummern, der Schutz vor Spam und untergeschobenen Verträgen sowie Gefahren für die Qualität medialer Angebote durch Urheberrechtsverletzungen im Internet. (Stefan Krempl) / (pmz)