Robotik-Konferenz ICRA: Wie Roboter Teleexistenz ermöglichen sollen

An einem anderen Ort könnten Roboter einen Menschen ersetzen. Doch die Steuerung der humanoiden Roboter und das haptische Feedback bereiten Schwierigkeiten.

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(Bild: Tachilab (Screenshot))

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Es ist eine alte Vision der Science-Fiction, sich ohne Zeitverlust an einen anderen Ort versetzen und sich auch in lebensfeindlichen Umgebungen bewegen zu können. Ein wissenschaftlicher Workshop hat sich nun mit der Frage beschäftigt, inwieweit dies mithilfe von ferngesteuerten Robotern realisiert werden könnte.

Im Vorfeld der Robotik-Konferenz ICRA, die sich in dieser Woche teils im chinesischen Xi‘an, teils online trifft, diskutierten Forscher beim Workshop on Teleoperation of Dynamic Legged Robots in Real Scenarios über die technischen Herausforderungen bei der Fernsteuerung so komplexer Maschinen wie humanoider Roboter.

Die Schwierigkeit besteht beispielsweise darin, vorgegebene Ziele mit unterschiedlichen Bewegungsabläufen zu erreichen, wie Bernt Børnich vom norwegischen Hersteller Halodi anhand des Roboters Eve erläuterte. Hier dient die Fernsteuerung vorrangig dem Training des Roboters. Wenn er mit einer Aufgabe überfordert ist, kann der Operator in den Avatar-Modus wechseln und etwa die Steuerung des Arms übernehmen, um einen im Weg liegenden Gegenstand zu entfernen. Wenn dieser aber außerhalb der Reichweite des Arms liegt, muss der Roboter zusätzlich den Rumpf beugen oder in die Knie gehen. Hierfür die richtige Kombination von Bewegungen zu finden, sei schwierig, erklärte Børnich. Weitere Herausforderungen seien die Latenzen bei der Übermittlung der Kamerabilder sowie die Ergonomie der Nutzerschnittstelle für längere Arbeitszeiten.

Susumu Tachi (University of Tokyo), der für sich reklamiert, die Teleexistenztechnologie 1980 erfunden zu haben, gab einen Überblick über die seitdem erfolgte Entwicklung, deren aktueller Stand durch TELESAR (Telexistence Surrogate Anthropomorphic Robot) VI markiert wird. Die Finger des Roboters Finger sind mit Tast- und Temperatursensoren ausgestattet, sodass er auf einer Computertastatur das Wort "HELLO" eingeben kann – wenn auch langsam. Als Zeichen für den erreichten Reifegrad der Technik sieht Tachi, dass die Xprize Foundation den mit insgesamt 10 Millionen US-Dollar dotierten ANA Avatar X Prize ausgeschrieben hat. Das Finale des Wettbewerbs ist für Juni 2022 geplant. Tachi ist überzeugt, dass die Teleportationsindustrie zukünftig eine der heutigen Automobilindustrie vergleichbare Bedeutung haben wird.

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Bis dahin müssen allerdings noch einige Probleme gelöst werden. So muss die Nachgiebigkeit der Gelenke an die jeweilige Aufgabe angepasst werden können. Michael Mistry (University of Edinburgh) stellte hierfür ein fraktales Kontrollverfahren vor, dass den bisherigen Ansätzen überlegen sei. Eine weitere Schwierigkeit sei es, bei der Telemanipulation mit Laufrobotern die Ungenauigkeiten der Beine zu berücksichtigen. Ryo Kikuuwe (Hiroshima University) will den Robotern beim Laufen in schwierigem Gelände helfen, indem der Operator die Bewegungen der Beine mit dem kommerziell verfügbaren haptischen Eingabegerät Novint Falcon kontrolliert. Dabei geht es nur um die Steuerung einzelner Schritte an besonders komplizierten Stellen, wobei der Roboter einerseits auf die Steuerbefehle reagieren, zugleich aber auch die Balance halten muss.

Generell sei das haptische Feedback weiterhin ein ungelöstes Problem, sagte Abderrahmane Kheddar (CNRS-AIST, Tsukuba, Japan). Das gelte auch für Abweichungen zwischen menschlichem Körper und Roboter hinsichtlich der Kinematik und Dynamik. Wie können etwa Begrenzungen der Aktuatoren oder der drohende Verlust des Gleichgewichts an den Operator gemeldet werden?

Teleexistenz könnte eine große Sache werden. Bis wir uns aber mit ihrer Hilfe auf den Mond "teleportieren" und die dortige Landschaft ohne Raumanzug sehen und fühlen können, dürfte es wohl noch einige Jahrzehnte dauern.

(olb)