Linux und Windows 2000 machen Novell Probleme

Die Einführung von Windows 2000 und das große Interesse für Linux lassen Novells Umsätze und Gewinne schrumpfen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nach einen äußerst erfolgreichen Geschäftsjahr 1999 und ausgezeichneten Zahlen für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres sah sich Novell gestern nach Börsenschluss gezwungen, eine Gewinnwarnung für das zweite Quartal zu geben. Man rechne nur noch mit einem Gewinn von 8 Cent pro Aktie – im ersten Quartal 2000 waren es noch 13 Cent pro Aktie und im zweiten Quartal 1999 11 Cent pro Aktie. Novell erwartet dabei einen Umsatz von knapp über 300 Millionen US-Dollar gegenüber 316 Millionen US-Dollar im ersten Quartal. Die endgültigen Zahlen will Novell am 23. Mai nach Börsenschluss bekannt geben.

Damit liegt die NetWare-Company überraschend weit unter den Erwartungen der Wall Street. Die Börsianer hatten mit einer Steigerung des Gewinns auf rund 16 Cent pro Aktie im zweiten Quartal gerechnet. Schlimmer noch: In dem erwarteten Gewinn Novells sind 35 Millionen US-Dollar an Lizenzzahlungen enthalten. Die bekam Novell von Caldera, nachdem der Linux-Spezialist mit Microsoft einen Vergleich in der Auseinandersetzung um die Behinderung von DR-DOS geschlossen hatte. Ohne diese Einmalzahlung von Caldera hätte Novell im zweiten Quartal praktisch überhaupt keinen Gewinn gemacht. Im nachbörslichen Handel in New York fiel die Novell-Aktie dann auch um rund fünf US-Dollar auf 12,75 US-Dollar.

Nach Angaben von Novell ist ein "signifikanter Rückgang bei den Verkäufen" der hauptsächliche Grund für die unerwartet geringen Umsätze. Außerdem sei das Geschäft mit den Site-Lizenzen für große Unternehmen rückläufig. Etwas widersprüchlich formuliert Novell aber die Gründe für die niedrigeren Umsätze: So heißt es in einer Erklärung, man glaube, dies auf Management- und Organisationsprobleme zurückführen zu können. Gleichzeitig meinte die Firma allerdings auch, man sei mit schwachen Verkäufen über die weltweiten Distributionskanäle auf Grund der Einführung von Windows 2000 und des schnell wachsenden Interesses für Linux konfrontiert. Außerdem stellten viele Partner auf ein Application-Service-Provider-Modell um; in diesem boomenden Markt müsse Novell erst noch Bewusstsein für die eigenen Produkte schaffen. Man habe gerade erst angefangen, in diesen Bereich zu investieren.

Auch Novells Finanzchef Dennis Raney erklärte, Kunden hätten Anschaffungen unter anderem wegen des enormen Schubs für IBMs Linux-Angebote und für Windows 2000 verschoben. Raney betonte, Novell müsse schnell die neue Produktstrategie für Internet-Dienste umsetzen und Bewusstsein über die Angebote Novells in diesem Markt schaffen. "Wir erwarten, dass die Nachfrage nach unseren neuen Angeboten steigt, sobald die Kunden mit unseren neuen Lösungen für Netzdienste vertraut werden. Wir glauben, dass die Umsetzung dieser Veränderungen den Rest des Geschäftsjahrs 2000 in Anspruch nehmen wird", dämpfte Raney die Erwartungen für die nächsten Geschäftsquartale. (jk)