Im SAP-Umfeld droht ein Projektstau

Während die Nachfrage nach IT-Experten für SAP deutlich absackt, registrieren Branchenkenner einen Trend in den Anwenderunternehmen, "sinnvolle" Projekte auf die lange Bank zu schieben.

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(Bild: projektwerk)

Die zumindest teilweise von der aktuellen Krisenstimmung beeinflusste Investitionszurückhaltung in den Unternehmen schlägt nun deutlich auf den Markt für IT-Freelancer durch. Vor allem auch die traditionell am stärksten nachgefragten SAP-Experten müssen mit einer schwindenden Zahl von Projektausschreibungen zurechtkommen. Nachdem schon im März 2009 die zur Randstad-Gruppe gehörende IT-Personalagentur Gulp den niedrigsten Nachfragestand nach SAP-Freiberuflern seit Oktober 2005 registrierte, zeigt auch der aktuelle Marktmonitor der Hamburger Projektbörse projektwerk im April einen deutlichen Rückgang der SAP-Angebote.

Die Zahl der ausgeschriebenen SAP-Projekte stürzte gegenüber dem Vormonat um gut ein Drittel ab – im Vergleich zum April vergangenen Jahres steht immerhin ein Minus von rund 28 Prozent zu Buche. Während gerade selbstständige SAP-Experten traditionell zum Jahresauftakt von einem saisonal bedingten Aufschwung profitieren, kommen nun die gezielten Sparmaßnahmen in den Unternehmen zum Tragen. Wie die zur CeBIT veröffentlichte Studie "Was bewegt IT-Entscheider?" von Handelsblatt und der Beratungsfirma Droege gezeigt hat, wollen über 40 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz dieses Jahr den Rotstift bei den IT-Investitionen ansetzen.

Während das Gros der geplanten Einsparungen zwar auf den Verzicht bei der Anschaffung neuer Hardware entfällt, sind auch die Investitionen in Software betroffen. So habe die Studie ergeben, dass IT-Manager insbesondere bei Software zur Steuerung der Unternehmen (beispielsweise Enterprise Ressource Planing – ERP) ihre Ansprüche zurückschrauben. "Microsoft legt im ERP-Markt weiterhin zu, während SAP stagniert. Das zeigt, dass die Kunden in schwierigen Zeiten auch mit weniger zufrieden sind", kommentierte Torsten Frankenberger, Geschäftsführender Partner bei Droege & Comp., die Ergebnisse der Umfrage.

Der Investitionsstau birgt aber auch Risiken – nämlich dann, wenn notwendige Maßnahmen zur Optimierung der IT und der darauf aufbauenden Geschäftsprozesse auf die lange Bank geschoben werden. Unternehmen verspielen dabei unter Umständen die Chance, sich Wettbewerbsvorteile zu sichern, um bei wieder anziehender Konjunktur besser aufgestellt zu sein. "Viele Unternehmen denken zu kurzfristig", glaubt Michael Blankertz, der als selbstständiger SAP-Entwickler vor allem mittelständische Unternehmen berät.

Nach seinen Erfahrungen würden derzeit viele Projekte gestoppt, die einen "gewissen" Entwicklungsaufwand mit sich bringen. "Dass diese aber mittel- und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz eines Unternehmens erhöhen, wird dabei häufig völlig außer Acht gelassen", betont Blankertz. "Auch werden vielfach Aufgaben an interne Kräfte übertragen, die diese dann irgendwie lösen, aber häufig nicht das Know-how versierter SAP-Experten mitbringen." Eine Einschätzung, die auch Andreas Stiehler von Berlecon Research teilt. Der Marktforscher hat festgestellt, dass IT-Freelancer zwar primär zur Überbrückung von Kapazitätsengpässen beschäftigt werden, aber auch immer mehr deutsche Unternehmen die externen Spezialisten gezielt einsetzen, um die Produktivität zu steigern, Innovation voranzutreiben und den Wissensstand der eigenen Belegschaft zu erhöhen.

Obwohl die Zeichen im Freelancer-Markt derzeit eher auf Abschwung stehen, gibt sich SAP-Experte Blankertz zuversichtlich: "Die Projekte türmen sich auf, weil die nötigen Arbeiten verschoben werden – aber die IT-Spezialisten sind verfügbar. Daher bin ich sicher, dass diejenigen Unternehmen die Nase vorn haben, die jetzt ihre Aufgaben lösen." Hoffnungsvoll stimmen in diesem Zusammenhang wiederum Erkenntnisse der "IT-Studie 2009" von Droege, die zeigen, dass immerhin 34 Prozent der befragten Unternehmen ihre Budgets ungeachtet der aktuellen wirtschaftlichen Lage aufstocken wollen. Während die IT-Budgets im Schnitt zwar sinken, gebe es dennoch eine gute Nachricht: "Wir haben einige Unternehmen, die jetzt in der Krise erst recht investieren", unterstrich Frankenberger. (map)