Doctipharma: EuGH genehmigt Apotheken-Verbundportal für rezeptfreie Mittel​

Der Verkauf rezeptfreier Medikamente im Fernabsatz ist laut EuGH prinzipiell zulässig, wenn über eine Plattform nur Verkäufer und Kunden zusammengeführt werden.

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Medikamente in einem Karton, der Hintergrund ist himmelblau

(Bild: ADragan/Shutterstock.com)

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Über Online-Plattformen, die Apotheker und Kunden technisch zusammenbringen, dürfen in der EU grundsätzlich rezeptfreie Arzneimittel verkauft werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entschieden. Demnach dürfen die Mitgliedsstaaten einen solchen Dienst nicht mit der Begründung verbieten, dass die betreffende Gesellschaft am elektronischen Handel mit Arzneimitteln ohne Apothekerzulassung beteiligt sei. Der Portalbetreiber dürfe aber nur "eine eigene und vom Verkauf unabhängige" Vermittlungsleistung erbringen. Der Anbieter – sofern er kein Apotheker ist – darf dabei nicht selbst als Verkäufer der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente auftreten. Sonst komme ein Verbot durch das EU-Land infrage, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat.

In dem Fall, der sich schon durch mehrere Instanzen zog, geht es um die französische Plattform Doctipharma. Diese gründete der Verlag Lagardère 2014 und brachte dafür rund 60 Apotheken zusammen. Über das mittlerweile vom Schweizer pharmazeutischen Versandkonzern DocMorris übernommene Portal war es anfangs möglich, über die Webseiten angeschlossener Apotheken rezeptfrei erhältliche pharmazeutische Erzeugnisse und Arzneimittel zu kaufen.

Der Portalbetreiber stellte dabei die Waren über einen vorgespeicherten Katalog zur Verfügung. Der Kunde konnte Medikamente darüber auswählen. Seine Bestellung wurde anschließend an die Apotheken weitergeleitet, deren Webauftritte Doctipharma hostete. Die Bezahlung erfolgte über ein einheitliches Zahlungssystem von einem dafür vorgesehenen Konto.

Der französische Apothekerverband UDGPO zweifelte die Rechtmäßigkeit der Plattform an. Er warf Doctipharma vor, am elektronischen Arzneimittelhandel teilzunehmen und so gegen nationale Vorschriften zu verstoßen. 2016 gab das Pariser Handelsgericht den Klägern in allen Punkten recht, da der Verlag letztlich Bestellung, Bezahlung sowie Vermarktung übernehme und sogar Rabattaktionen koordiniere. Seitdem sind über das Portal nur noch Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika erhältlich. Die Berufungsinstanz sah es anders. Die Auseinandersetzung wanderte zunächst zum Kassationsgerichtshof und von dort zurück zum Cour d’appel de Paris, der sich letztlich an den EuGH wandte.

Die Luxemburger Richter stellten in ihrem Urteil in der Rechtssache C-606/21 nun klar, dass es sich bei dem Vermittlungsangebot von Doctipharma um einen "Dienst der Informationsgesellschaft" handelt. Demnach obliegt es den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass das Angebot von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit zum Verkauf im Fernabsatz unter bestimmten Bedingungen erfolgt. Dabei können etwa Vorgaben zum Schutz der öffentlichen Gesundheit aufgestellt werden. Prinzipiell müssen die EU-Länder aber dabei auch sicherstellen, dass Interessierte geeignete Arzneimittel über den Online-Handel via einen solchen Dienst erwerben können. Von der Entscheidung dürften auch Plattformen wie Amazon, Apotheken.de oder Gesund.de profitieren, die ebenfalls Pharmazeuten und potenzielle Kunden zusammenbringen.

(mack)