Chat um 15 Uhr: Computerspiele -- von Gesetzes wegen verdächtig

Ob Doom, Tetris, Quake oder Schach -- nach Ansicht des Gesetzgebers geht von jedem Computerspiel eine potenzielle Gefahr aus. Mit Sinn und Unsinn des neuen Jugendschutzgesetzes beschäftigt sich heute der Chat auf heise online.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 355 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Egbert Meyer

Ob Doom, Tetris, Quake oder Schach -- nach Ansicht des Gesetzgebers geht von jedem Computerspiel eine potenzielle Gefahr aus. Seit 1. April dieses Jahres darf deshalb kein Titel auf Datenträgern aller Art ohne vorherige Prüfung und amtliche Altersfreigabe Kindern oder Jugendlichen angeboten und zugänglich gemacht werden. Spiele ohne Alterskennzeichnung werden als "frei ab 18 Jahren" angesehen und dürfen nur noch in geschlossenen Geschäftsräumen gegen Altersnachweis an Erwachsene abgegeben werden. Ausgespielt haben damit auch Spieleklassiker wie etwa Pong, Arkanoid oder PacMan, die nie zu einer Alterseinstufung herangezogen wurden. Man bekommt sie in Zukunft weder auf Flohmärkten noch im regulären Versandhandel.

Nur Spiele, die zum Download bereitstehen, sind von der per neuem Jugendschutzgesetz verordneten Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Mit kuriosen Folgen: Zwar kann sich jetzt jeder Minderjährige das kostenlose Kriegsspiel America's Army aus dem Internet ziehen, guckt aber bei auf einer CD angebotenen ungekennzeichneten Kniffel-Version in die Röhre.

Selbst Games, die im Doppelpack mit einer Zeitschrift vertrieben werden, sind von Gesetzes wegen verdächtig. Auch die mit Free- und Shareware-Spielen bestückte Zeitschriften-CD benötigt künftig eine Altersfreigabe. Die entsprechende Prüfung nimmt die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) vor, die sich diesen Dienst mit mindestens 1000 Euro pro Titel honorieren lässt.

Zu teuer, wie vor allem die kleinen Produzenten aus der Linux- und Mac-Spieleszene meinen. Die Kosten für die Altersprüfung lassen sich mit vielen Spielen etwa auf dem relativ schmalen Linux-Markt nicht mehr hereinholen. Dabei, so argumentieren sie weiter, lässt sich der Generalverdacht gegenüber Computerspielen in keiner Weise rechtfertigen. In den vergangenen Jahren habe der Anteil der für Jugendliche ungeeigneten Titel, gemessen an den Gesamterscheinungen, weit unter zehn Prozent gelegen.

Kritik am neuen Gesetz üben auch die deutschen Versandhändler. Sie glauben, dass das dicke Ende für sie erst noch kommt, wenn immer mehr Verbraucher ihre Games gleich dort bestellen, wohin der Arm des deutschen Gesetzes nicht reicht. So verschicken etwa Versender in den Niederlanden unbeeindruckt von der deutschen Gesetzeslage englischsprachige Originalversionen an deutsche Kunden.

Kann ein mit den EU-Staaten nicht abgestimmtes Gesetz tatsächlich Kinder und Jugendliche vor behaupteten schädlichen Medieneinflüssen schützen oder schafft es nur neue Schieflagen im Spielemarkt? Mit dieser Frage beschäftigt sich heute der Chat auf heise online. Zwischen 15 und 16 Uhr nehmen auf dem Podium Platz:

  • Susanne Schuster, Referatsleiterin Kinder- und Jugendschutz im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • Gerald Jörns, Sachverständiger der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)
  • Bernd Hentig, Inhaber des Linux-Software-Vertreibers ixsoft
  • c't-Redakteur Peter Schmitz, im Redaktionsteam zuständig für Rechtsfragen und Medieninhalte.
  • Wie gewohnt öffnet der Chat-Raum eine Stunde vor dem offiziellen Start. Ab 14 Uhr führen Links von unserer Homepage und den Chat-Seiten direkt zur Veranstaltung.

    Nachtrag: Mittlerweile stehen auf den Chat-Seiten die Mitschnitte der Veranstaltung zur Verfügung.

  • Podiumsprotokoll
  • User-Protokoll