Böses Spiel per SMS

Immer öfter wollen windige Geschäftemacher mit 0190-Rückrufbitten per SMS abkassieren, bestätigen Verbraucherschützer und die Regulierungsbehörde.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Oertel
  • dpa

Der SMS-Text auf dem Handy klingt viel versprechend: "Wenn Sie ihr Auto noch nicht verkauft haben, rufen sie mich an!" Nach dem Wählen der angegebenen Nummer mit Vorwahl 0190 ist jedoch bald klar, dass der Verfasser des Textes nicht an dem Auto interessiert ist, das der Handybesitzer in einer Zeitung inseriert hat, sondern allein an den Telefongebühren. So freut sich zunächst eine Frauenstimme vom Band über den Rückruf, dann ist für eine Weile Musik zu hören. Nach einigen Sekunden Stille heißt es schließlich: "Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an, bitte sprechen sie auf den Anrufbeantworter."

Immer öfter wollen windige Geschäftemacher mit solchen Rückrufbitten per SMS abkassieren -- in diesem Fall immerhin 1,86 Euro pro Minute. Die Masche, auf Kleinanzeigen zu antworten und Kaufabsicht vorzutäuschen, ist nur eine besonders clevere und neue unter vielen, betont Brigitte Ahrens, Beraterin bei der Verbraucher-Zentrale Niedersachsen in Hannover. "Manche unseriösen Firmen locken auch mit vermeintlichen Gewinnen." Da heiße es dann in der SMS: "Sie haben eine Reise gewonnen, bitte rufen sie zurück." Andere Betroffene haben den Verbraucherschützern von Abzockern berichtet, die ihnen auf die persönliche Tour gekommen sind: "Ich würde mich sehr freuen, wenn du dich mal wieder meldest." Eine andere Variante könnte so lauten: "Du hast einen Verehrer." Und stets ist der Anrufer dann mit einer freundlichen Stimme vom Band verbunden, die wortreich um Geduld bittet, während der Gebührenzähler rattert.

Der Sprecher der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) in Bonn, Harald Dörr, bestätigt, dass der Nepp per SMS um sich greift. Die Beschwerden, die seine Behörde erreichten, seien zudem allenfalls "die Spitze des Eisbergs". Auch der Sprecherin von T-Mobile in Bonn, Andrea Vey, sind die betrügerischen Kurznachrichten ein Dorn im Auge: "Das hat proportional zum gesamten SMS-Markt zugenommen."

Einigkeit herrscht auch bei Verbraucherschützern darüber, dass Nummern, die mit der Vorwahl 0190 beginnen -- so genannte Mehrwertnummern -- an sich eine gute Sache sind. Schließlich stellten sie eine unkomplizierte Art der Abrechnung dar, vor allem für kleinere Beträge, erklärt Michael Bobrowski, Referent für Telekommunikation, Post und Medien beim Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) in Berlin. "Ich bezahle eine Dienstleistung einfach über meine Telefonrechnung", erklärt Harald Dörr von der RegTP. Er selbst nutzt zum Beispiel bei Problemen mit seinem Computer Ratgeber-Hotlines mit der Vorwahl 0190. "Diese Abrechnung ist für den Anbieter und für den Kunden ein Vorteil." Allerdings tauchten eben immer wieder schwarze Schafe auf, die mit den Nummern Schindluder trieben.

Die Experten raten daher, beim Telefonieren auf Nummer sicher zu gehen. "Man kann immer nur davor warnen, seine Handy-Nummer zu veröffentlichen", sagt Brigitte Ahrens von der Verbraucher-Zentrale. Auch wer kurzfristig mobil erreichbar sein will, etwa nach Aufgabe einer Kleinanzeige zum Autoverkauf, kann sich vor unangenehmen Überraschungen auf der Telefonrechnung schützen: "Unsere dringende Empfehlung ist, keine Nummern zurückzurufen, die einem nicht bekannt sind", empfiehlt Andrea Vey von T-Mobile. Das gelte auch, wenn der Anrufer seine Nummer "unterdrückt" habe, wenn diese also nicht auf dem Display des Handys erscheint.

Der Versuch, zwielichtigen Anbietern das Handwerk zu legen, scheint indes wenig Erfolg versprechend. Telekommunikationsanbieter können ihren Kunden nicht ermöglichen, auf ihrem Handy pauschal alle 0190er-Nummern zu sperren, so Vey. "Wir sind schließlich dazu verpflichtet, Telekommunikationsdienste anzubieten." Aus dem selben Grund könne auch die Deutsche Telekom, die den Betreibern von Mehrwertdiensten ihr Leitungsnetz zur Verfügung stellt, die Betrüger nicht "aussperren". Den oft geäußerten Vorwurf, der einstige Monopolist habe daran gar kein Interesse, weil er von den Anbietern Nutzungsgebühren kassiere, weist Telekom-Sprecher Frank Domagala zurück: Von einem Anruf über eine 0190-Nummer, der pro Minute 1,86 kostet, falle kaum mehr als ein Cent für die Telekom ab.

Eine Möglichkeit für Geschädigte, zu ihrem Recht zu kommen, ist nach Angaben von Verbraucherschützerin Brigitte Ahrens, die Abzocker aufzuspüren und sie auf Betrug zu verklagen. Allerdings sei dies kompliziert: "Die melden ihre Nummer zum Beispiel nur für vier Wochen an und nennen keine Adresse." Deshalb sei ihr bisher auch kein Fall bekannt, in dem ein SMS-Betrüger tatsächlich verurteilt worden ist. (Florian Oertel, dpa) / (jk)