"Astroforensik": Forscher legen Grundlage für Kriminalistik im Weltraum

Wenn immer mehr Menschen ins All fliegen, dürften dort bald auch Verbrechen aufzuklären sein. Das meint eine Forschungsgruppe und will die Forensik vorbereiten.

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Mehrere Bilder, die die Entstehung eines roten Flecks auf einem papier zeigen

Entstehung eines (Kunst-)Blutflecks unter Mikrogravitation

(Bild: Kowalske at.al)

Lesezeit: 3 Min.

Wenn die Menschheit in den kommenden Jahren zu einer weltraumfahrenden Spezies wird, dürfte es im All auch Verbrechen geben, die mit den herkömmlichen forensischen Methoden nicht aufgeklärt werden können. Das jedenfalls meint eine britische Forschungsgruppe, die jetzt gemeinsam mit einem Spurensicherungsexperten aus den USA eine Studie vorgelegt hat, mit der sie die sogenannten Astroforensik als neue Forschungsdisziplin etablieren wollen. Dafür haben sie auf sogenannten Parabelflügen untersucht, welche Muster Blut unter Mikrogravitation hinterlässt und was sich daraus über die Ursache einer Verletzung ermitteln lässt.

Herausgefunden hat das Team um den Crime Scene Investigator (CSI) Zack Kowalske, dass sich Blutstropfen unter dem fehlenden Einfluss der Schwerkraft langsamer auf einer Oberfläche ausbreiten. Deshalb würden Blutflecken in der Schwerelosigkeit Formen und Größen annehmen, die man von der Erde nicht kenne. Grund sei die größere Rolle, die die Oberflächenspannung und der Zusammenhalt der Blutstropfen in dieser außergewöhnlichen Umgebung spielen. Getestet hat die Gruppe das an Bord einer Boeing 727, die immer wieder Mikrogravitation hergestellt hat. Statt Blut habe man mit einer Flüssigkeit experimentiert, die zu 40 Prozent aus Glycerin und zu 60 Prozent aus roter Lebensmittelfarbe bestanden hat, um echtes Blut zu simulieren.

Kowalske, der als Hauptautor der Studie geführt wird, sieht damit den Anfang einer neuen Ära in der Forensik eingeläutet. Genauso wie man sich Mitte des 19. Jahrhunderts zu fragen begonnen habe, was Blutflecken über ihre Ursache verraten, stehe man nun wieder vor grundlegenden Fragen der Forensik. Wenn die Menschheit sich anschicke, den Weltraum zu erobern, sei es von fundamentaler Bedeutung, die wissenschaftlichen Grundlagen der Erforschung von Kriminalfällen auf nicht-terrestrische Umgebungen auszuweiten. Weitere Forschung in den unterschiedlichsten Disziplinen sei notwendig . Die Studie selbst ist jetzt im Fachmagazin Forensic Science International Reports erschienen.

Die jetzt veröffentlichte Arbeit ist nicht die erste, die eine angekündigte Ära des Weltraumtourismus und der Langzeitmissionen über den nahen Erdorbit hinaus als Grundlage nehmen, um sich bislang unbeantworteter Fragen anzunehmen. So wurde in den USA ein spezieller Hightech-Schlafsack entwickelt, der verhindern soll, dass Astronauten und Astronautinnen bei langen Aufenthalten im Weltraum deutlich an Sehschärfe verlieren. Angesichts einer erwarteten Zunahme touristischer Ausflüge ins All hat vor einem Jahr eine britische Forschungsgruppe gefordert, endlich ernsthaft über den Umgang mit Sex im All zu diskutieren. Eine europäische Studie hat dann wenig später ergeben, dass komplett weibliche Crews auf Langzeitmissionen deutlich weniger Ressourcen benötigen würden.

(mho)