Analysten: Keine Panik wegen Microsofts Ansprüchen gegen Open Source

Die IT-Unternehmensberatung Gartner sieht von den ungenauen Äußerungen der Redmonder Führung über angebliche Verstöße gegen gewerbliche Schutzrechte durch Linux kein unmittelbares Risiko für Nutzer ausgehen.

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Die IT-Unternehmensberatung Gartner sieht von den Äußerungen aus der Microsoft-Spitze zu angeblichen Patentverstößen durch Open-Source-Programme kein "unmittelbares Risiko für Nutzer" ausgehen. Organisationen, die freie Software wie Linux einsetzen, sollten "keine Panik" bekommen oder sich Sorgen machen, dass sie künftig Microsoft Lizenzgebühren zahlen müssten, schreiben die Analysten in einer Stellungnahme. Die Redmonder müssten die erhobenen Ansprüche erst gerichtlich nachweisen. Damit würde die genaue Form der bislang nicht erwiesenen Verletzungen gewerblicher Schutzrechte offenbar, sodass die Entwicklergemeinde darauf reagieren könnte. Aber auch in diesem Fall wäre es sehr unwahrscheinlich, dass der Softwareriese gegen Endnutzer vorgehen würde. Viele davon seien ja auch Microsoft-Kunden. Vergleichbar hatte sich zuvor ein Manager aus Redmond geäußert.

Die eigentlichen Adressaten der neuen Anschuldigungen sind laut Gartner Linux-Distributeure oder andere Firmen, die mit dem frei verfügbaren Betriebssystem etwa über Serviceleistungen Geld verdienen. Auf diese solle Druck ausgeübt werden, in ähnliche Abkommen zu Geldzahlungen einzutreten, wie sie Microsoft unter anderem mit Novell eingegangen ist. Derlei Vereinbarungen hat Eben Moglen, Rechtsberater der Free Software Foundation, jüngst auf der Hausmesse von Red Hat entschieden zurückgewiesen. Sie würden die "Ökologie" der freien Software zerstören, indem sie Keile in die Anwendergemeinde treiben und einzelne Vertriebsfirmen von den eigentlichen Programmierern abkoppeln würden. Microsoft warf Moglen vor, auf einer "Ängstigungstour" unterwegs zu sein.

Als "interessant" bezeichnen es die Gartner-Analysten, dass Redmond öffentlich über die angeblichen Patentverletzungen rede und nicht direkt in Gesprächen mit Linux-Firmen Lizenzzahlungen einfordere. Andererseits habe Microsoft gegenüber der Unternehmensberatung erklärt, dass die genaue Liste der möglicherweise verletzten Schutzrechte nur gegenüber IT-Anbietern, nicht aber gegenüber einzelnen Entwicklern und Unternehmensanwendern offen gelegt werde. Generell würden sich aggressivere Lizenztaktiken zur Vermarktung von Softwarepatenten abzeichnen. Als Ausweg sieht Gartner angesichts des momentanen US-Patentsystems nur, selbst "defensiv" gewerbliche Schutzrechte als Verhandlungsmasse anzuhäufen oder Partnerschaften mit großen Patenthaltern wie IBM einzugehen. (Stefan Krempl) / (pmz)